Im Interview mit den OÖ Nachrichten behandelt Dr. Walter Löbl eine aktuelle OGH-Entscheidung (24.08.2022, 7 Ob 135/22m) zum Versicherungsumfang von Eigenheimversicherungen bei einer „im Pfusch“ durch Verwandte sanierten Duschkabine.
Eckpunkte des Sachverhalts: Der Schwager des Eigentümers hatte im Badezimmer im Obergeschoss die Duschtrennwand versetzt, sodass eine 2 Zentimeter breite Fuge zwischen der Wand und den Fliesen entstand. Die Lücke verschloss er mit Spachtelmasse und Silikon. „Die klaffende Fuge zwischen Fliesen und Duschtrennwand war für einen Verschluss mit Silikon ungeeignet und extrem schadensgeneigt“, heißt es im OGH-Urteil. Stattdessen hätte ein U-förmiges Leichtmetallprofil („U-Profil“) verwendet werden müssen. Bei Verwendung eines U-Profils wäre es zu keinem Schaden gekommen.
Dass der Schwager des Versicherten gepfuscht hatte, war rechtlich aber gar nicht der Grund für die Ablehnung der Deckung seitens des Eigenheimversicherers. Vielmehr wurde auf die Versicherungsbedingungen verwiesen, konkret auf Artikel 1 Abs 1 der Allgemeinen Bedingungen für Versicherungen gegen Leitungswasserschäden (AWB 1986): „Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Schäden, die an den versicherten Sachen dadurch entstehen, dass Wasser aus Zu- oder Ableitungsrohren oder angeschlossenen Einrichtungen von Wasserleitungs-, Warmwasserversorgungs- oder Zentralheizungsanlagen sowie aus Etagenheizungen austritt.“
Nach Ansicht des OGH ist unter den „angeschlossenen Einrichtungen“ iSd Art 1 Abs 1 AWB 1986 auch die Duschtasse zu verstehen, weil der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer die Dusch-/Brausetasse, die über den Zulauf (Duschkopf) und Ablauf (Abwasserleitung) mit dem Rohrsystem verbunden ist, als Behältnis versteht, das bestimmungsgemäß Wasser durchlässt oder aufnimmt und dauernd durch eine Zuleitung oder durch eine Ableitung oder durch beides mit dem Rohrsystem verbunden ist. Wasseraustritte aus der Duschtasse wären dementsprechend vom Versicherungsschutz umfasst.
Fraglich war jedoch, ob auch die Fuge zwischen Fliesen und Duschtrennwand eine „angeschlossene Einrichtung“ darstellt. Dazu führte der OGH aus, dass der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer nicht davon ausgehen wird, dass über Dusch- /Brausetasse hinausgehende Bauteile einer Dusche wie insbesondere Duschtrennwände, Verfugungen, Verfliesungen und Fugen gemeinsam mit der Dusch-/Brausetasse ein Behältnis bilden, die mit dem Rohrsystem verbunden und damit als eine angeschlossene Einrichtung im Sinn des Artikel 1 Abs 1 AWB 1986 anzusehen sind.
Konkret nimmt der OGH hierbei Bezug auf die verschiedenen baulichen Gestaltungen von Duschbereichen, die es bei anderem Verständnis zumindest sehr schwierig machen würden, den Haftungsbereich einzugrenzen. Dies insbesondere bei niveaugleichen und barrierefrei ausgeführten, gegebenenfalls auch seitlich offenen Duschen oder Duschräumen, bei denen zum Teil wohl gesamte Räume umfasst sein müssten.
Diese Herleitungen des OGH haben – vorbehaltlich der konkreten Umstände des Einzelfalls – zur Folge, dass bei wannenlosen Duschen nicht mehr von einer versicherungsrechtlich geschützten „angeschlossenen Einrichtung“ ausgegangen werden kann und den Eigenheimversicherer demnach bei Undichtheiten keine Leistungspflicht trifft.
In dem der Entscheidung des OGH zugrundeliegenden Fall war dies für den betroffenen Eigentümer insofern noch folgenschwerer, als die Arbeiten nicht von einem Professionisten durchgeführt wurden, welcher in der Regel über eine Haftpflichtversicherung verfügt, sondern von seinem Schwager, dessen Haftpflicht vom Eigentümer womöglich aus familiären Gründen nicht in Anspruch genommen wird.
➔ Duschkabine im Pfusch renoviert: Warum die Versicherung aussteigt – OÖ Nachrichten